1. Juli 2007

Kleider, Männer und Neunziger-Jahre-Erinnerungen

Ich habe mir neulich eine neue Bluse gekauft. Wirklich hübsch! Ich habe sie nach Hause getragen, gewaschen, gebügelt, wollte sie in meinen Schrank hängen, doch der hat sich gewehrt.
Schon als ich die Tür öffnete, hörte ich ein verdächtiges Grollen, irgendwo aus den hinteren Regionen, wie das Grollen in Katastrophenfilmen, kurz bevor die Lawine kommt – die kam dann auch. Mit der Wucht eines Tsunami stürzte eine Textillawine aus meinem Schrank. Zum Glück konnte ich mich geistesgegenwärtig unter meinem Schreibtisch verstecken, bis es vorbei war. Vorsichtig, um nicht von dort die nächste Lawine auszulösen, kroch ich wieder heraus.
Vor mir lag – mein Leben.
Ich hab mal gelesen, man soll seinen Kleiderschrank regelmäßig ausräumen und alles aussortieren, was man ein halbes Jahr oder so nicht getragen hat, was einem zu klein oder kaputt ist. Es ist verboten, Sachen nur aus Sentimentalitätsgründen zu behalten, da es sich um einen Kleiderschrank und kein Tagebuch handelt. Wie grausam!
Ich wühlte mich durch meine Kleiderberge. Klar, die weiße Jeans von 1993 ist ein bisschen zu eng – aber ich nehm bestimmt noch mal ab, dann passt sie wieder. Und mit dem bauchfreien Top seh ich aus wie das weibliche Pendant zu einem Mann in der Midlifecrisis, der sich einen Porsche kauft, um seine 20-jährige Freundin durch die Gegend zu fahren – für Arme – aber mit 16 hab ich echt gut damit ausgesehen. Das rote Kleid, achja, das hab ich das letzte Mal getragen, als ich mit 19 mit ein paar Freundinnen tanzen gegangen bin. Wir haben so viel Spaß gehabt …
Nachdem ich nach zwei Stunden aus meinem Neunziger-Flashback aufwachte, erinnerte ich mich wieder, warum das mit dem Kleiderschrank ausmisten bei mir nicht funktioniert. Mein Traum ist ein Kleiderschrank, wie ihn Alicia Silverstone in Clueless hatte. Für alle die den Film nicht gesehen haben: nachholen! Für mich definitiv der Film des Jahres 1995 (da waren sie wieder). Ihr Schrank in diesem Film ist computergesteuert, mit automatischem Mix-and-Match-System. Sie sucht sich am Computer etwas aus, er kombiniert die dazu passenden Teile und Surrrrrr, Stangen schieben sich hin und her, Kleidungsstücke rasen vorbei bis das Ausgesuchte greifbar ist. Toll!
Mein Lieblingsdialog aus diesem Film findet statt, kurz bevor Alicia (Cher) ein Date mit Christian hat. Sie kommt die Treppe herunter, zu ihrem Vater (Mel) und trägt ein Kleid für das jegliche Beschreibung noch zu lang wäre:
Mel: What the hell is that?
Cher: A dress.
Mel: Says who?
Cher: Calvin Klein.
Immerhin, meine Mutter pflegte in derartigen Momenten nicht zu diskutieren, sondern sagte immer nur: „So gehst Du aber nicht raus“ – Punkt. Dabei hab ich nie Calvin Klein getragen. Aber daran wird es wohl nicht gelegen haben. Und ich möchte nicht wissen, was sie seinerzeit so getragen hat.
In dem Film stellt sich dann zwar später heraus, dass Christian schwul ist, aber das ist nicht weiter schlimm, da die beiden fortan befreundet sind und sich gegenseitig Stylingtipps geben.
Im Übrigen glaube ich, dass jede Mode mal wieder kommt, auch die Neunziger. Da wär ich schön blöd, wenn ich jetzt alles aus der Zeit aussortieren würde. Außerdem, wenn man das richtige Kleid gefunden hat, sollte man sich nie davon trennen, denn es wird immer zu einem halten, an schöne Momente erinnern und wenn man noch ein perfektes Kleid findet, wird es das einem auch nicht übel nehmen …

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